Dank des großen Fortschritts in der Kinderherzmedizin haben die meisten herzkranken Kinder eine gute Chance, nach einer Operation ein weitestgehend normales Leben zu führen. Auch wenn es auf den Schweregrad des jeweiligen Herzfehlers ankommt, überleben heute 95% aller Herzkinder ihren angeborenen Herzfehler. Natürlich machst Du Dir trotzdem Sorgen um Dein Kind. Doch Du bist nicht allein. Damit Du und Dein Schützling Euch optimal auf die Herz-OP vorbereiten könnt, stehen die behandelnden Ärzt*innen an Eurer Seite. Lass Dir die notwendigen Behandlungen – bei Bedarf auch mehrfach – erklären und informiere Dich darüber, was im Alltag mit Deinem herzkranken Kind wichtig ist. In unserer Community hast Du die Chance, mit anderen betroffenen Familien in Kontakt zu kommen, die womöglich dasselbe bereits durchgemacht haben.
Welche Klinik ist die richtige?
Die Suche nach der richtigen Klinik ist grundsätzlich von zwei Faktoren abhängig: Zum einen bestimmt die Art des Herzfehlers die Behandlung. Manche Kliniken spezialisieren sich auf bestimmte Herzfehler und wie sie diese beheben. Zum anderen spielen die personelle und technische Ausstattung des Kinderherzzentrums eine wichtige Rolle. Je komplexer der zu behebende Herzfehler, umso wichtiger sind die Anforderungen. Diese sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgeschrieben und wurden zuletzt Ende 2021 aktualisiert. Damit wird die bestmögliche Versorgung Deines Kindes gewährleistet. Welche Klinik in Frage kommt, besprichst du mit deinem Kinderkardiologen. Er kennt die richtigen Adressen und weiß, worauf Du in deinem Fall achten solltest. Falls Du die Anforderungen nach Richtlinie des G-BA selbst zu Rate ziehen möchtest, kannst Du das hier tun. Übrigens: Es kann Dir womöglich schwerfallen, einer Operation zuzustimmen, wenn sich Dein Herzkind in einem guten körperlichen Zustand befindet. Beachte dabei jedoch immer die langfristige Prognose für Dein Kind. Die vielen, zum Teil komplizierten Informationen bei Aufklärungsgesprächen, können angesichts Deiner Lage Stress auslösen. Zur Unterstützung kannst Du eine Person Deines Vertrauens zu den Aufklärungsgesprächen mitnehmen.
Der neue (Klinik)Alltag
Euer Aufenthalt in der Klinik ist eine Ausnahmesituation. Du und Dein Herzkind findet Euch in einer anderen Welt wieder, deren feste Strukturen Ihr erst kennenlernt. Visiten, Untersuchungen, Mahlzeiten, Schichtwechsel und vieles mehr finden manchmal unter Bedingungen statt, die ungewohnt für Euch sind. Dazu gehören beispielsweise auch ungünstige Zeiten oder außenstehende Zuhörer. Zum Glück und zu Eurem Besten sind das Ärzte- und Pflegepersonal auf alles vorbereitet, sodass Du mit viel Akzeptanz und einem verständnisvollen Umgang rechnen darfst. Gegenseitige Rücksichtnahme ist gefragt. Ein Großteil der Verantwortung für Dein Kind musst Du in der Klinik abgeben. Auch wenn es schwerfällt: Für die Zeit in der Klinik bestimmen überwiegend andere, was gut für Dein Kind ist. Betrachte Dich als Teil des Pflegeteams. Das trägt zum Wohlbefinden Deines kleinen Patienten bei. Trau Dich, jederzeit Fragen zu stellen, die Dir, so banal sie auch sein mögen, auf dem Herzen liegen.
Was muss ich vorab klären?
Wie genau Euer zwischenzeitliches Zuhause aussehen wird, hängt von den Unterbringungsmöglichkeiten der Klinik ab. Kümmere Dich vorab um eine Aufnahme und beantrage gegebenenfalls die Mitaufnahme von Geschwistern. Unter Umständen kann die Krankenkasse Fahrtkosten von anderorts übernehmen. Womöglich gibt es ein Case Management, das Dir bei der Planung Eures Krankenhausaufenthalts zur Seite steht.
Sprich rechtzeitig mit Deiner Familie und Deinem Arbeitgeber über die neue Situation, damit sich alle Parteien vorbereiten und Dich bestmöglich unterstützen können. Darüber hinaus bieten sich Selbsthilfegruppen als Ansprechpartner an. Hier kannst Du sie finden. Unsere Checkliste verschafft Dir einen Überblick.
Es geht los
Zuerst gibt es ein ausführliches Aufnahmegespräch, bei dem der behandelnde Arzt Dich über alles Wichtige aufklärt. Bereite Dich so gut es geht vor, indem Du alle Unterlagen zum Krankheitsverlauf Deines Kindes parat hast. Du kannst den Arzt auch auf Gewohnheiten und eventuelle Ängste Deines Herzkindes hinweisen.
Danach wird Dein Kind gründlich untersucht: Blutdruck, Puls, Atmung, Sauerstoffsättigung, EKG, Gewicht und Größe… Gleichzeitig wird ein Venenzugang gelegt, damit Dein Kind später weniger gepikst werden muss.
Für die Herz-OP ist eine Vollnarkose notwendig. Daher wird in einem weiteren Gespräch ein Anästhesist Dich zu allen Besonderheiten Deines Kindes befragen. Besonders über Medikamente und Allergien solltest Du den Arzt genau informieren.
Dein Kind bekommt von der Operation nichts mit und hat keine Schmerzen. Es wird die ganze Zeit aufmerksam vom Narkosearzt beobachtet, der bei Bedarf jederzeit handeln kann, um das Wohlergehen seines kleinen Patienten zu garantieren.
Es klingt zwar beängstigend, aber damit die Chirurgen ungehindert und sicher am offenen Herzen operieren können, wird es für die Dauer des Eingriffs „angehalten“. Die Herz-Lungen-Maschine (HLM) pumpt währenddessen das Blut durch den Körper, damit er weiterhin mit Sauerstoff versorgt wird. Das ist ein ganz normaler Vorgang, welcher vom Kardiotechniker genau kontrolliert wird. Nach Ende der OP übernimmt das nun behandelte Herz wieder seine Arbeit. In manchen Fällen können heutzutage Operationen auch ohne die HLM durchgeführt werden. Frag Deinen Arzt nach den Möglichkeiten im Fall Deines Kindes.
Nach der OP auf die Intensivstation
Nach dem Eingriff wird Dein Kind auf die Intensivstation verlegt, wo es von einem erfahrenen medizinischen Team versorgt wird. Die Intensivpfleger haben eine fundierte Ausbildung und tun hier alles, damit es Deinem Kind gut geht. Sobald es stabil ist, darfst zu ihr oder ihm. Auch wenn die vielen Schläuche, Geräte und Geräusche erschreckend sind, sie sind nötig, um Deinen Schützling optimal und rund um die Uhr zu überwachen. Das Personal erklärt Dir gerne, wozu die einzelnen Apparaturen dienen. Das nächste Ziel ist die selbstständige Atmung des Kindes. Mit der sogenannten Extubation (dem Entfernen des Beatmungsschlauches) ist ein großer Schritt getan. Es kann wenige Stunden oder aber auch einige Tage dauern, bis es soweit ist. Lass Dich dadurch nicht verunsichern und stelle Deine Fragen den Pflegern. Übrigens: Akustische Warnsignale auf der Intensivstation sind nicht grundsätzlich ein Zeichen, dass es deinem Kind schlecht geht, sondern können andere Ursachen haben, zum Beispiel, dass der Medikamentenbehälter leer ist.
Wenn Dein Kind wacher wird und nicht mehr beatmet wird, kommt es Dir vielleicht etwas verändert vor. Es scheint weniger zu lachen, schaut Dich vielleicht nicht an und wirkt verwirrt. Das hängt mit der Wirkung der Medikamente zusammen, die gegen die Schmerzen und zur Beruhigung gegeben werden. Auch hier kann es unterschiedlich lange dauern, bis Dein Kind sich wieder so verhält wie Du es kennst. Geduld ist sehr wichtig. Du wirst sehen: Während die Schläuche nach und nach verschwinden, kehrt die Neugier Deines Kindes zurück.
Zurück auf die Kinderherzstation und weiter
Das schwierigste ist überstanden. Die Zeit auf der Kinderherzstation muss nicht nur die medizinische Versorgung umfassen. Erkundige Dich bei den klinischen Ansprechpartnern wie dem Case Management nach Angeboten wie etwa einer Musiktherapie, welche Dein Herzkind auf andere Gedanken bringt. Die Kolleg*innen sind Dir auch bei der ambulanten Weiterbehandlung nach der Entlassung behilflich. In bestimmten Fällen hast Du Anspruch auf Sozialmedizinische Nachsorge. Die Sozialrechtshotline des BVHK gibt Dir gerne Auskunft unter der Telefonnummer 0241 559 469 79.
Wie Eure gemeinsame Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt zunächst aussehen wird, kann Dir Dein Kinderkardiologe sagen. Regelmäßige Routineuntersuchungen werden in jedem Fall anstehen. Wenn Du Dich über das bis hierhin Erlebte austauschen möchtest, kannst Du Dich an Elternvereine und unsere Community wenden.